Interview mit Mabel Casey, Vice President, HAWORTH Europa, Global Marketing,

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anlässlich der Neuheitenpräsentation im Showroom im Airgate Zürich

 

An der Präsentation am 20. September 2011 wo auch Bruno Kernen, Abfahrtsweltmeister einen interessanten und unterhaltenden Vortrag hielt, konnte Albert Denz mit Mabel Casey ein Interview führen.

Mabel Casey, es freut mich dass Sie sich heute im HAWORTH Showroom im Airgaite Zürich für ein Interview zur Verfügung stellen.

Mich interessiert natürlich wie und wann Sie zu Haworth gekommen sind. Waren Sie schon länger in der Branche tätig?

Ich bin 2006 zu Haworth gestossen. Zuvor hatte ich seit 1994 bei Herman Miller gearbeitet. In dieser Zeit war ich in diversen Bereichen angestellt, im Vertrieb, in der Händlerausbildung und im Marketing. Meine letzte Stelle bei Herman Miller war Vizepräsident des Experiential Marketings. Dort war es meine Aufgabe, erstklassige Kundenwerbung für die verschiedensten Märkte und Standorte zu entwerfen und umzusetzen. Ich hatte mein Studium der Psychologie und zwischenmenschlichen Kommunikation  an der Central Michigan University sowie an der London School of Business absolviert.

Sie sind einer der grössten Büroeinrichter der Welt. Mit welchen Innovationen können Sie sich gegen den hart umkämpften Markt und die verschiedensten kulturellen Verschiedenheiten durchsetzen?

Gut, dass Sie die kulturellen Differenzen erwähnt haben. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Herangehensweise an dieses Thema unsere Erfolgschancen erhöht.

Unsere Produkte und Neuerungen werden auf lokaler und regionaler Ebene entworfen. Dies hat zwei Gründe: Auf der einen Seite ist es uns wichtig, Möbel zu designen, die den Ansprüchen unserer Kunden gerecht werden. Die Stuhlgrössen fallen beispielsweise auf den asiatischen und nordamerikanischen Märkten sehr unterschiedlich aus. Würden wir dasselbe Produkt an einem dieser Standorte entwerfen und versuchen, es an beiden Standorten zu vermarkten, dann würden wir damit scheitern. Es geht noch weiter ins Detail als bei diesem Beispiel - Farben, Texturen und Grundrisse sind in den jeweiligen Regionen unterschiedlich. Wenn unsere Teams eine Bedarfsanalyse durchführen, tauschen sie ihre Ideen untereinander aus, und einige Projekte sind auch für mehrere Regionen konzipiert, sollten es einmal bei den Bedürfnissen zu Überschneidungen kommen.

Natürlich teilen wir auch auf globaler Ebene Wissen und Prozesse miteinander. Dies ist insbesondere für den zweiten Punkt ausschlaggebend: Nachhaltigkeit. Es ist ein wichtiges Ziel von Haworth, Ressourcen auf der ganzen Welt nachhaltig zu nutzen. In diesem Zusammenhang ist es zuerst einmal wichtig, die Produkte in unmittelbarer Nähe der Bevölkerungsgruppen zu entwerfen, für die das besagte Produkt gedacht ist, und sie insbesondere dort auch herzustellen. Da unsere Regionen ihre Erfahrungen untereinander austauschen, lernen wir zudem die optimalen Abläufe voneinander.

Wie ist Ihr Produktions- und Vertriebsnetz aufgebaut? Ist Ihr Marketing Länderspezifisch oder wird von Ihrem Haed-Office gesteuert, und wie weit kann Ihre Niederlassung in der Schweiz nach den Bedürfnissen des Schweizer Marktes eigene neue Produkte entwickeln?

Haworth pflegt weltweite Geschäftsbeziehungen zu über 600 Händlern in mehr als 120 Ländern. Wir haben auf der ganzen Welt verteilt 55 Vertriebsniederlassungen und 24 Produktionsstandorte. Unsere Marketingstrategien variieren von Region zu Region, werden jedoch auf globaler Ebene koordiniert, damit wir Ressourcen gemeinsam nutzen und uns über Trends austauschen können. Haworths Mitarbeiter in der Schweiz sind von ausschlaggebender Bedeutung für die Produkte, die auf dem lokalen Markt erhältlich sind, und sie spielen auch auf internationaler Ebene eine wesentliche Rolle. 

Welche Kriterien sind bei der Neuentwicklung von Produkten für Sie am Wichtigsten?
Design, hohe qualitative Verarbeitung, eine vernünftige Preisgestaltung oder produktionstechnische Kriterien?

Als global agierendes Unternehmen ist es schwierig, sich für nur ein einziges zu entscheiden! Unser Produktmix macht es uns einfacher, all diese Qualitäten an unsere Kunden weiterzugeben. Wir glauben, dass unser wichtigster Beitrag darin besteht, mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten, um ihre Bedürfnisse zu verstehen, und um ihnen dabei zu helfen, eine optimale Lösung zu finden. Manchen ist das Design am wichtigsten - für andere ist es der Preis. Eine hohe Produktqualität hat grundsätzlich Priorität.

Wie stehen Sie zu Cradle to Cradle und GreenOffice? Werden diese Aspekte auch bei Ihren Produkten und Ihrer Büroplanung miteinbezogen? Und wenn ja, wie?

Wie bereits erwähnt ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema für Haworth. Nachhaltigkeitszertifikate sind potentiell eine grosse Hilfe für uns. Wir haben diese in unser Produktdesign integriert und werden dies auch weiterhin so handhaben. Überdies hat Haworth es sich zur Aufgabe gemacht, nach dem DfE-Prinzip (Design for Environment) zu arbeiten, um einer ganzen Reihe hoher Standards gerecht zu werden. Hierzu gehören allgemeingültige Planungslogik, Designverständnis, flexible Verbindungen, integrierte Ästhetik und Lebenszyklusanalysen.

Wie weit setzen sich neue Bürokonzepte wie Open Space Office, die Bürowerkstatt oder andere neue Büroorganisationsformen in Europa und der Schweiz durch. Erkennen Kunden den Mehrwert für ihre Mitarbeiter und deren Leistung?

Wir haben festgestellt, dass es in Europa Pläne nach dem Open-Office-Konzept angefertigt worden sind, ähnlich wie in der Region Asien/Pazifik. In Nordamerika kommt diese Idee nicht zur Anwendung. Die Kunden erkennen den Nutzen für ihre Kollegen und die Leistungsfähigkeit in der Arbeit. Man kommt dann auf die besten Lösungen, wenn ein Kunde sich eingehend mit seiner aktuellen Kultur befasst, Zukunftsstrategien und tatsächliche Bedürfnisse beurteilt, und dann mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinarbeitet.

Als internationaler Konzern haben Sie ja alle Möglichkeiten Ihre Produkte überall auf der Welt herstellen zu lassen. Nutzen Sie diese Chance und produzieren Sie auch in China oder osteuropäischen Ländern?

Obwohl wir unser Ausgangsmaterial und einige Teile für unsere Produktion von überall auf der Welt her beziehen, findet der Großteil unserer Produktion in unmittelbarer Nähe des dafür vorgesehenen Marktes statt. Wir haben beispielsweise Fabriken in Shanghai und Indien, die sich auf die Durchführung von Projekten spezialisiert haben, die dann auch im jeweiligen Markt zum Einsatz kommen.

Welche Rolle spielt bei Ihnen die Euro- und die Dollar-Krise. Hat der weltweite Umsatz darunter gelitten, und wie sieht es für die Schweiz aus?

Die Umsatzzahlen wurden auf der ganzen Welt von den Gegebenheiten der Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Haworth ist es daher ein Vergnügen, von steigenden Verkaufszahlen berichten zu können, die teilweise unseren Strategien zu verdanken sind, an denen wir sehr hart gearbeitet haben. Das meiste Lob gilt unseren Mitarbeitern, von denen die besagten Strategien entwickelt und umgesetzt wurden. Wir rechnen in der Schweiz mit nur langsamem, aber dafür anhaltendem Wachstum, und sind in der Lage, den daraus entstehenden Bedarf decken zu können.

Wie sehen Sie die Zukunft für die nächsten 2-5 Jahre. Wird der Markt noch wachsen, oder gibt es einen schrumpfenden Markt und einen noch härteren Verdrängungskampf?

Der Markt befindet sich in ständiger Entwicklung, und wir sind der Auffassung, dass unsere Strategien erstklassig designter, kundenorientierter Produkte für uns von Nutzen sein werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein noch härterer Kampf wird, da wir ohnehin bereits sehr hart an unserer Strategie gearbeitet haben, um so weit zu kommen. Wir werden ihn auch weiterhin fortsetzen, damit wir ein anhaltendes Wachstum gewährleisten. Haworth sprengt die Grenzen der Büromöbelindustrie, weil wir auch bewegliche Wände und Doppelböden anbieten und unseren Kunden dabei helfen, den Arbeitsplatz besser zu verstehen. Dadurch haben wir eine sichere Stellung auf dem Markt.

Wie sehen Sie die Zukunft für den Markt Schweiz? Welchen Markt-Anteil haben die durch in der Schweiz hergestellte Produkte im Inland, und wie viel wird von der Schweiz ins Ausland exportiert? Konzentrieren Sie sich mit dem hohen Schweizer Franken eher auf Importprodukte, oder fördern Sie den Inlandbedarf mit neuen Innovationen die von der Schweiz aus gesteuert werden?

Da wir ein privates Unternehmen sind, geben wir nur in beschränktem Umfang Informationen über unsere Marktstellung heraus. Ich möchte ihnen jedoch verraten, dass unser Produktionsstandort in der Schweiz eine wichtige Rolle bei unserer Strategie für die Region und für Europa generell spielt. Unser Schweizer Team ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Teams in Europa. Wir sind uns über den Bedarf auf dem Schweizer Markt bewusst und decken ihn unseren Ressourcen entsprechend.

Wie sieht es mit der Förderung Ihrer Mitarbeiter aus. Haben Sie spezielle Motivations- und Förderungsprogramme um die Mitarbeiter bei der Stange zu halten? Und gibt es bei Ihnen Sozialprogramme falls bei einer schlechteren Kultur Mitarbeiter entlassen werden müssten?

Wir haben Auszeichnungsprogramme für Mitarbeiter eingeführt, im Rahmen derer Ehrungen für solche Mitarbeiter stattfinden, die für die zentralen Werte des Unternehmens stehen, und ich selbst habe ein Programm ins Leben gerufen, das der Auszeichnung von Mitarbeitern dient, die im Marketingbereich Hervorragendes geleistet haben. Als Unternehmen haben wir spezielle Programme zur Förderung von Leistung und Karrierewegen.

Wir animieren unsere Mitglieder auch dazu, in ihrer Gesellschaft wertvolle Beiträge zu leisten, und an Events vor Ort teilzunehmen, die für unsere Werte stehen und die Lebensqualität in der Region steigern.

Welches ist Ihr persönliches Motto? Und welches das Firmenmotto?

Umgeben Sie sich mit den grossartigsten Menschen, die Sie finden können.  Suchen Sie nach Menschen, von denen Sie etwas lernen können - nach denjenigen, die am offensten und am kreativsten sind und den am stärksten ausgeprägten Teamgeist haben. Niemand ist alleine erfolgreich.

Haworths Vision ist es, schöne, effektive und flexible Arbeitsplätze zu entwickeln.

Welchen Ratschlag würden Sie Ihren Branchenkollegen geben, damit alle gewinnen können und nicht viele verlieren?

Meiner Meinung nach wurde in der Industrie in punkto Nachhaltigkeit Grosses geleistet und ich  möchte uns dazu motivieren, auf diesem Weg zu bleiben. Wir haben die Standards und Erwartungen unserer Kunden erhöht.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Zürich, 20. September 2011 – Albert Denz, bueroszene.ch